Einige offene Fragen zum Fall Peter Bergmann, Sligo 2009 – noch immer nicht identifiziert?

1. Herkunft/Wohnort usw. Beim Einchecken im City Hotel in Sligo am 12. Juni 2009 soll sich der nicht-identifizierte Mann unter dem Namen Peter Bergmann, wohnhaft „Ainstettersn 15“ in „4472 Wien“, am Empfang eingetragen (und für die Übernachtungen vorab in Cash bezahlt) haben. Schnell wird klar: Weder gibt es in Österreich eine Straße mit diesem Namen, noch eine solche Postleitzahl in Wien (diese sind zwar ebenfalls vierstellig, beginnen aber in der Donaumetropole sämtlich mit der Zahl 1) oder in der übrigen Alpenrepublik. Das gilt übrigens auch, wenn man annimmt, Bergmann habe nicht 4472 geschrieben, sondern 4412, die dritte Ziffer sei aber wegen der Unterschiede der typischen kontinentalen zur britischen/irischen Schreibweise fälschlich für eine 7 gehalten worden – denn auch eine PLZ 4412 existiert in Österreich nicht; allerdings gibt es mehrere Postleitzahlen mit 44… in der südlichen Umgebung von Linz in Oberösterreich. Hat Bergmann nur zufällig oder absichtlich eine ungültige Postleitzahl angegeben?

Etwas widersprüchlich sind die Berichte über die Ergebnisse der Ermittlungen zur Adresse „Ainstettersn 15“. Wie man im Portal IrishCentral lesen kann, soll sich an diesem Ort in Wien ein unbebautes Grundstück befunden haben („vacant lot“), andere Online-Quellen sprechen von einem leeren Parkplatz. Hier fragt man sich natürlich, welche Adresse/Straße überhaupt damit gemeint sein soll, wenn die „Ainstettersn 15“ gar nicht existiert. Unter welcher Adresse haben die Ermittler in Wien gesucht?

Etwas ähnlich wie das Gekrakel des Unbekannten klingen ja die Straßennamen Amstettener Straße bzw. Amstettner Straße, die sich in Österreich in den Gemeinden St. Peter in der Au und Winklarn-Arthofen – aber eben nicht in Wien – finden, in Deutschland im nordhessischen Alsfeld (eine Partnerstadt von Amstetten). Vielleicht ist die scheinbare Buchstabenfolge sn am Ende von „Ainstettersn“ vielmehr die Abkürzung für Straße, demnach Str., dies wurde aber wegen Unleserlichkeit der Handschrift und/oder mangelnder Kenntnis deutscher Schreibweisen bei Adressen nicht erkannt bzw. falsch gelesen? Leider liegt das Originalformular des Hotels online bisher nicht eingescannt vor.

2. Todesursache. Hier ist die Faktenlage offensichtlich (noch immer) etwas unklar. Ist Peter Bergmann wirklich ertrunken, wie der offiziellen Fahndungsseite des BKA zum Fall Sligo sowie dem Magazin sligotoday.ie zu entnehmen war? Hingegen berichtete das Regionalmagazin derrydaily.net noch im Januar 2015: „The autopsy showed no evidence of foul play or saltwater drowning.“ (Quelle: hier); ähnliche Informationen finden sich unter anderem auch in einem kurzen Artikel auf heute.at („Todesursache ungeklärt“), im Londonderry Sentinel („no indication that he had drowned“) sowie in der Online-Ausgabe von Le Monde: „le corps ne portait pas les traces d’une noyade“ (Artikel veröffentlicht März 2015).

Ciaran Cassidy, Regisseur des sehr empfehlenswerten 19-minütigen Dokumentarfilms „The Last Days of Peter Bergmann“ (den Streifen kann man sich hier in voller Länge ansehen), gab während einer kurzen Pressekonferenz auf dem Sundance Festival 2014 (siehe Video unten, ab Minute 1:50) eine Herzattacke als Todesursache Bergmanns an – dies sei der Befund des zuständigen Gerichtsmediziners (englisch: coroner) gewesen, so Cassidy. Dieser Anfall sei aber keineswegs plötzlich und zufällig eingetreten: Vielmehr habe der Mann (bei dessen Autopsie auch zurückliegende Herzprobleme festgestellt worden waren, neben Tumoren und einer entfernten Niere) möglicherweise Cyanid oder eine ähnlich wirkende giftige Substanz absichtlich eingenommen und gehofft (so die Vermutung des Filmemachers) nach seinem Tod in den Ozean hinausgespült zu werden. Wenn man annehmen kann, dass Cassidy die Information zur (Cyanid-)Vergiftung und dem Herztod tatsächlich von dem im Jahr 2009 zuständigen Mediziner erhalten hat, diese also als korrekt gelten dürfen – wieso gibt das BKA weiterhin Ertrinken als Grund für das Ableben Bergmanns an? Zumal die deutschen Behörden offenbar erst auf Ersuchen der irischen Kollegen die Fahndungsseite online eingerichtet hatten und somit die Angaben zum Toten aus erster Hand erhalten haben müssten.

Hier der Video-Link zur Pressekonferenz:

https://www.youtube.com/watch?v=ExJy7EXwTM8

3. Hinterlassenschaften am Strand. Nach dem Fund der Leiche zwischen Felsen am Rosses Point Beach am Morgen des 16. Juni 2009 fand die Polizei nach Medienberichten etwa 300 Meter entfernt am Strand einige persönliche Habseligkeiten Bergmanns, darunter die schwarze Lederjacke, etwas Bargeld, Schuhe und eine Armbanduhr. Etwas merkwürdig ist hierbei sicherlich, dass jemand vor einem – vermuteten – Selbstmordversuch im Meer noch seine Uhr abnimmt (um diese vor Schäden durch Salzwasser zu schützen?). Insbesondere dann, wenn diese Person – wie im Fall Sligo gemeinhin angenommen – jegliche zurückbleibende Hinweise auf ihre Identität vermeiden will. Warum hat Bergmann zwar penibel die C&A-Etiketten aus seiner Kleidung herausgeschnitten um den Ermittlern (wie vermutet) die Identifizierung zu erschweren, seine Uhr aber, die unter Umständen deutlich konkretere Rückschlüsse auf den Eigentümer zulässt, am Strand zurückgelassen? Dies gilt vor allem für eine „Markenuhr“ mit Seriennummer, falls es sich bei der gefundenen um eine solche handeln sollte – was wir nicht wissen. Unklar ist allerdings auch, ob die Hinterlassenschaften absichtlich zurückgelassen oder erst in der Nacht bzw. am frühen Morgen wieder am Strand angespült worden sind – der Artikel auf firsttoknow.com (oben verlinkt) spricht von „clothes and belongings scattered along the sand“, was letztere Möglichkeit naheliegender erscheinen lässt.

-MR

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